Ist im Jahresreigen das schöne Erntedankfest vorüber, kommen größere, nicht nur kirchliche, sondern auch gesellschaftliche Höhepunkte.
Nach dem Reformationstag folgt in Taura das Kirchweihfest.
Die Aufregung der Hausfrauen vor diesem Ereignis hat das kleine Mädchen aus der Arthur-Beil-Straße noch gut in Erinnerung.
Der große Hausputz stand an und viele Gäste, meist Verwandtschaft, kündigten ihr Kommen an.
Alle Bäcker im Ort verlängerten die Heizzeit der Kohlebacköfen, denn die Hausfrauen brachten viele Bleche Kuchen zum Abbacken, wie man es nannte. Sicher hat auch der Kirmeskuchen davon seinen Namen.
Meistens kamen die Gäste schon am Samstag um am Kirmestanz teilzunehmen. Der einzige, freitragende Tanzsaal Europas, das „Bellevue“, bot dafür ein schönes Ambiente.
Wie viele Ehen werden wohl dadurch entstanden sein?
Der Festgottesdienst am Kirchweihsonntag war an Darbietungen nicht zu übertreffen. Festlich verlief der Einzug des Kirchenvorstandes mit dem Pfarrer. Kirchenchor, Kurrende, Flötenkreis, alle gaben ihr Bestes. Sang der Vogt Karl noch ein Solo, trat die Predigt in den Hintergrund, denn Karl war nicht nur ein guter Sänger, sondern auch noch sehr attraktiv. Von ihm wurde auch noch beim Mittagessen in den Familien gesprochen. Heute hätte er sicher einen Fan-Club.
Gute Speisen nahmen an diesem Tag kein Ende und jede Hausfrau wollte die größte Menge Kuchen gebacken haben.Die Reformationsbrötchen der vergangenen Wochet, die das kleine Mädchen viel lieber aß, wurden nicht mehr erwähnt.
Manchmal kamen zu solchen Festen auch die Puppenspieler aus Frankenberg. Ihre Aufführungen fanden im Saal des Gasthauses „Zur Schmiede“ statt. Der Wohnwagen der Puppenspieler stand vor dem Gasthaus und es gab keine Parkgebühren oder Parkzeiten. Die Nachkommen sind immer noch mit ihren wunderbaren Marionetten unterwegs. Sollten wir sie nicht mal wieder einladen?
Annette Richter, Taura 3. Oktober 2024