Erinnern Sie sich noch?

Die heutige Generation lächelt, wenn man erzählt, dass früher Menschen fast 50 Jahre am gleichen Arbeitsplatz tätig waren. Noch dazu waren diese Menschen glücklich und zufrieden. Eine von diesen Menschen war der Werkmeister Albin Peters. Die in Taura ansässige Firma „Guido Unger“ war sein Arbeitgeber. Verlockend war das Angebot dieser Firma gewesen. Ein Siedlung mit kleinen Einfamilienhäusern war errichtet worden. Noch heute ist die Arthur-Beil-Straße ein Schmuckstück Tauraer Wohnkultur. Man konnte diese Häuschen kaufen oder mieten. Albin Peters entschied sich mit seiner Frau zum Kauf. Leicht war sein Leben auch bis dahin nicht verlaufen. Als Sechsjähriger verlor er seine Mutter. Er und seine Geschwister wurden unter den Dorfbewohnern, meist Bauern, verteilt. Das geschah von einem Tag auf den anderen. Zusammenhalt hieß das Zauberwort. Unter heutiger Bürokratie undenkbar! Er schlief auf dem Heuboden, versorgte die Tiere und ging in die Heiersdorfer Schule. Vier Schulklassen wurden dort in einem Raum und von einem Lehrer unterrichtet. Der Rohrstock kam täglich zur Anwendung. Auch als Rentner verzog er noch schmerzhaft sein Gesicht, wenn er von dieser Züchtigungsart erzählte.

Kaum 17-jährig zog er als Baupionier in den 1. Weltkrieg. Durch Kälte, Hunger und dem Tragen des Stahlhelmes bei Brückenbauten verlor er sein Haupthaar. Darüber war er lebenslang traurig. Es war damals keinesfalls eine Modeerscheinung, eine Glatze zu haben. In der Nazizeit sah man darin eine Gesinnung. Albin Peters war Optimist. Diesen bewies er, als er seine Hochzeitstermin auf einen Freitag legte. Es war Freitag der 13. November 1926.

Rasant hatte sich Taura zu einem Industrieort entwickelt. Mutige Menschen hatten große Fabrikgebäude gebaut. Die Werkuhr der Firma Guido Unger war in Konkurrenz mit der Kirchturmuhr getreten, beide weithin sichtbar. Überall wurde in drei Schichten gearbeitet und Albin Peters war meist in zwei Schichten vor Ort. Im gesamten Betrieb war er gefragt. Obwohl er eigentlich für die durchgängige und fehlerlose Produktion mit den Rundstühlen verantwortlich war, rief man ihn bei Havarien in jede Abteilung. Brummte der große Heizkessel im Kesselhaus zu sehr und man glaubte er würde gleich explodieren, wurde nach dem Werkmeister gerufen. In der Färberei oder Spulerei ging es nicht anders zu. Wie oft am Tag wird er über die breiten Stufen des großen Treppenhauses gegangen sein? Der Weg zur Fabrik wurde von den Werksinhabern gepflastert bzw. betoniert. Dazu musste der Dorfbach überbrückt werden. Sauberen Fußes können wir, wie damalige Arbeiter, noch heute am Rathaus entlang laufen. Die Arthur-Beil-Straße allerdings blieb über 50 Jahre lang unbefestigt.

Mit 75 Jahren verstarb Albin Peters. Über fünf Jahre nach Erreichen des Rentenalters hatte er noch für „seine“ Firma gearbeitet.

Annette Richter

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