Erinnern Sie sich noch? – Schrecksekunde in St. Moritz


Schrecksekunde in St. Moritz

Es war Montag, der 20. 12. 2021 und seit 10.45 Uhr trug sie einen Schatz in ihrer Tasche. Der Schatz war sehr dünn, schmal, hatte eine schöne rote Farbe und passte in ihre Geldbörse. Für solch ertvolle Papiere gab es ein Extrafach, denn ein Verlust hätte ihr die Freude aufs Christfest genommen. Doch diese wuchs mit jedem Tag. Es war nun sicher, dass sie in ihrer geliebten Heimatkirche mit der Familie zur Christvesper gehen konnte und sie in Reihe 10 sitzen durften.
Gut, wenn man Freunde hat, die rechtzeitig über die Ausgabe von Eintrittskarten informieren. Wie schön, wenn man nicht lange vor Beginn der Christvesper Plätze freihalten muss. Trotz Maske erkennt man Freunde und staunt, dass deren Kinder wieder größer geworden und sogar am Krippenspiel beteiligt sind. Einladend rufen die Glocken noch mit den Tönen der Kindheit zum Gottesdienst und die Orgel wird wunderbar bespielt. Den Kirchenchor vermisst sie dadurch nicht, obwohl sie immer gern in die vertrauten Gesichter der Sänger schaute.
Die Predigt von Pfarrer Alberti trifft mit jedem Wort die Situation der Menschen, macht nachdenklich und gibt Zuversicht. Dann das Krippenspiel. Es spannt einen Bogen über alle Zeiten bis zur Gegenwart. Junge Leute sprechen Wahrheiten aus, über die es nachzudenken lohnt.
Sie möchte diesen Moment anhalten. Sie ist ganz bei sich selbst. Die letzten Töne der Orgel verklingen. Sie erschrickt. Applaus in der Kirche. Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht, aber nicht gewagt. Das angstmachende Wort des Jahres war im gesamten Gottesdienst nicht einmal gefallen. Von den hinteren Reihen schob sich der Applaus nach vorn, ergriff auch sie und damit ihre Zustimmung zu dieser besonderen Weihnachtszeit. Gut so, dass es viele Eintrittskarten für viele
Christvespern gab, dachte sie dankbar. Der Schreck hatte sich in große Freude verwandelt.

1. Weihnachtsfeiertag 2021

Annette Richter

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