Erinnern Sie sich noch? – Taura

Zwischen der Arthur-Beil-Straße und der heutigen Rosenstraße, lagen die Wiesen des „Müller-Bauern“. Unter den Anwohnern spricht man noch heute davon.

Jetzt stehen auf diesen Wiesen Eigenheime. Früher waren die Wiesen ein Spielparadies für Kinder. Nach dem 2. Weltkrieg hatten fleißige Männer der „Nationalen Front“ einen Spielplatz errichtet. Und was für einen!

Kinderkarussell in bunten Farben, Wippe, Schaukeln, Sandkasten, ein Klettergerüst mit  verschiedenen Etagen und Sitzecken zwischen blühenden Sträuchern. Auch ein Schwimmbecken war angedacht und die Grube dafür schon ausgehoben. Zur Fertigstellung kam es nicht, aber die Grube blieb eine besondere Spielattraktion. Ehrenamtliche pflegten jeden Samstag diesen wunderbaren Platz. Im Frühling sah man sie mit Pinsel und Farbe die Geräte streichen. Andere kamen durch die kleine Gasse, die von der Arthur-Bei-Straße zum Spielplatz führte, mit Schubkarren und Gartengeräten. Auf der unteren Hälfte der Wiese weideten die Kühe. Sie waren die einzigen Zuschauer, wenn ein Kind vom Klettergerüst stürzte, weil der Umschwung mit einem Bein nicht gelungen war, oder das Karussell schneller drehte, als der Absprung klappte. Die Eltern bemerkten die Verletzungen ihrer Sprösslinge erst abends, oder nie. Damals hieß die Rosenstraße übrigens „Spielstraße“. Das war auch richtig so, denn der Spieltrieb verlagerte sich auch auf die weitere Gegend. Beim Versteckspiel ging es am Gut des Bauern Friedemann vorbei bis zum „Eulitz-Bauer“.
Hinter der großen Kastanie wurde man kaum gesehen. Das angrenzende Silo hingegen konnte zum Verhängnis werden. Sprang man hinein, wurde man nicht mehr gesehen, aber auch kaum gehört. Ein Herausklettern gelang nur den größeren Jungs. Als kleines Mädchen war die Chance gering. Wenn am Abend die Suche nach dem verlorenem Kind begann, musste Herr Pfefferkorn eine Leiter zum Silo tragen um die Rettung zu ermöglichen. Nicht selten setzte es dann zuhause noch eine Tracht
Prügel. Dies war auch im Winter nicht ausgeschlossen. Die herrliche Schlittenbahn hinter dem Gut des Bauern Müller hatte drei Schwierigkeitsgrade. Gleich am Haus und auf seinem Weg zur Hauptstraße fuhren die kleinen Kinder. In der Mitte der Bahn kämpfte man sich immer näher an die Bobbahn heran. Diese verlief am Dorfbach. Häufig landete man dabei im eiskalten Wasser. Das größte Problem auf dem Weg nach hause war die damalige Bekleidung. Die Trainingsanzüge hatten sich voll Wasser gesogen und wurden bei jedem Schritt länger. Die Knochen schmerzten vor Kälte, der Schlitten durfte nicht verloren gehen und die Angst vor dem „Empfang“ war groß. Gut, wenn man Freunde hatte, die einem bis vors Haus geleiteten und vielstimmig erklärten, dass man vollkommen schuldlos von der Mittelbahn abgekommen war.

Schmerzhafter gestaltete sich der Vorgang des „Auftauens“ der Füße. Eine Schüssel mit lauwarmen Salzwasser wurde ins Wohnzimmer gestellt. Es gab nur diesen einen beheizten Raum im ganzen Haus. Langsam versuchte man die Füße ins Wasser zu setzten. Nur in diesen Momenten schwor
man sich, nie wieder Bobbahn zu fahren.

Unbestritten war Taura die kinderfreundlichste Gemeinde im ganzen Umkreis.

Ihre fleißigen Bürger und die Offenherzigkeit der Grundstücksbesitzer hatten sie dazu gemacht.

Annette Richter

Schreiben Sie einen Kommentar

Menü